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Die Geister die ich rief ...

... oder der Schrecken mit den Schrecken !

Ausgerechnet auf einer Zierfisch- und Wasserpflanzenbörse eines kleinen Vereines entdeckten wir die australische Riesen-Gespenstheuschrecke ( Extatosoma tiaratum ).
"Problemlos" zu halten, zogen sofort drei Paare bei uns ein. Immer genug frische Brombeerblätter in einer Vase, einmal am Tag besprühen, und die possierlichen Krabbeltiere würden schon nicht davonkriechen ...
 
Das klappte dann auch ganz gut, nur ab und zu mußte ein verstaubtes Tier hinterm Schrank hervorgeklaubt werden, wenn ich mal nicht rechtzeitig frisches Grün geholt hatte. Auch konnten die Männchen, verstimmt durch das Umsetzen in die neue Futterpflanze, mehr oder weniger gute Flugeigenschaften entwickeln. Sie tauchten dann aber meist nach ein paar Tagen in der Nähe des Fensters wieder auf. Der Kot der Schrecken ist durchweg trocken, sodass sie weniger Dreck als z.B. frei fliegende Wellensittiche machen. Na und die cremefarbenen, dunkelbraun marmorierten, ca. 4 mm großen Eier konnte man auch relativ gut auf dem Teppichboden wiederfinden. Und wenn man die Eier nicht ansetzt, schlüpfen sie auch nicht von alleine aus ...
  Da unsere Wohnung sowieso reichlich "bepflanzt" ist fiel der Brombeerbusch nicht weiter auf, und es war sehr erheiternd, wenn der genüßlich im Sessel relaxende Besuch beim zufälligen Entdecken der Viecher plötzlich in hektische Aktivitäten ausbrach.
Alsbald gesellten sich auch noch ein paar Annam-Stabheuschrecken (Baculum extradentatum) dazu, die ich im Schmetterlingspark Uslar geschenkt bekam. Kurz und gut, ich war begeistert von meinen kleinen Monstern. Das änderte sich allerdings drastisch, als ich an einem schwülen Sommernachmittag ein Miniatur-Alien über meinen Computerbildschirm stakeln sah! Hatte ich nicht etwas von bis zu 1800 Eier pro Weibchen gelesen? Winzig klein (3x1 mm), graubraun, und kaum von den Exkrementen zu unterscheiden ... Meine Freundin wundert sich noch heute in welcher Rekordzeit ich ein ausbruchsicheres Terrarium bauen konnte, und freute sich riesig über die anschließende Grundreinigung des Zimmers. In wirklich jeder Ecke waren die Eier zu finden, und ich staunte, über welche Entfernungen die Eier geschleudert werden können .
Das Terrarium war 80x35x100 cm (LBH) groß. So konnte ich bequem zwei Vasen mit Brombeer- und Eichenästen hineinstellen. Der Boden war mit 5 cm Torf und Blättern bedeckt, einmal am Tag wurde ausgiebig gesprüht. Beleuchtet wurde das Terrarium mit einer Neonröhre, eine weitere Heizung war nicht nötig.  
Dank reichhaltigen Futterangebotes explodierte alsbald die Schreckenpopulation. Auch die Gespenstschrecken schlüpften im feucht-warmen Bodenklima reichlich. Die Schlüpflinge sind dunkelbraun mit rotem Kopf, und sehen unseren Waldameisen sehr ähnlich. Sie laufen einige Tage flink umher, bis sie in der Futterpflanze zur Ruhe kommen. Bis zur Geschlechtsreife häuten sich die Männchen fünf-, und die Weibchen sechsmal .
  Zur Dezimierung der Plage setzte ich eine Blumenmantis (Creobroter spec.) ein. Die bevorzugte allerdings nur die etwas dickeren Gespenster-Jungtiere, und ignorierte die dünnen Stäbchen völlig.
Das war dann der Anfang meiner fadenscheinigen Ausflüchte, irgendwelche exotische Tiere anzuschleppen. Mitterweile gehöre ich dem netten, kleinen Verein an, und unsere Wohung ist voller Terrarien, in denen - insektenfressende - Tiere wohnen. Nur Schrecken habe ich keine mehr. Nach ein paar Jahren verging mir die Lust, vor allem im Winter mit klammen Fingern, die stacheligen Ranken zu holen.

© 1998, A. Hartig